FREEDOM ASSOCIATION
SPECIAL BULLETIN No. 4

14. Mai 2002

Terroristenkommandeur zugleich auch Zivilist

Worin die Funktion eines Zeugen der Anklage in Den Haag besteht, wurde vielleicht heute am besten während des Kreuzverhörs des Zeugen Isuf Ljoku aus dem Dorf Kotlina bei Kacanik ersichtlich. Abgesehen von der Tatsache, dass er nicht in der Lage war, mehr zu sagen als das, wofür er offensichtlich präpariert worden war, widersprach er sich laufend von einem Satz zum anderen. Auf Milosevics Frage, wie viele Soldaten er beim Einrücken in sein Dorf gesehen habe, antwortete er zunächst: 25. Befragt ob diese zu Fuß waren oder in Fahrzeugen, antwortete er, 13 Panzer, 2 Panzerfahrzeuge und 10 Lastwagen gesehen zu haben. Indessen hatte er in seiner schriftlichen Erklärung gegenüber den Vertretern des Tribunals vor einem Jahr angegeben, mehrere Tausend Soldaten beim Einrücken in sein Dorf gesehen zu haben.

Als der Zeug Ljoku bei logisch widersprüchlichen Behauptungen blieb, wie beispielsweise, dass sein Dorf von allen seinen Bewohnern verlassen worden war, bevor das Militär hereinkam, und dass das Militär das Dorf vier Stunden lang unter Beschuß genommen habe, bevor es einzog, versuchte Richter May dem Zeugen zu helfen, indem er Milosevic verwarnte, gegenüber dem Zeugen fair zu sein. Da Richter May derart intervenierte, als Milosevic darauf bestand, dass der Zeuge erklären solle, wie es gekommen sei, dass das Militär ihn nicht gefunden habe, nachdem er "in die Berge entkommen" sei und sich nur 50 Meter von seinem Haus versteckt habe, "verwarnte" Milosevic seinerseits May, dass er ihm nicht zu übersetzen brauche, was der Zeuge gesagt habe.

Obgleich ernste Zusammenstöße mit der UCK in seinem Dorf und in den Nachbardörfern vor sich gingen, behauptete der Zeuge Ljoku, dass kein UCK-Mitglied in sein Dorf gekommen sei. Auf die Frage von Milosevic, ob er wisse, dass sein Vetter Miljaim Ljoku Kommandeur der sogenannten Kacanik-Brigade der UCK gewesen und bei einem bewaffneten Zusammenstoß dieser Einheit mit der jugoslawischen Armee umgekommen sei, erklärte der Zeuge, sein Vetter sei als Zivilist gestorben.

Heute hat die Zeugenaussage von Ratomir Tanic begonnen, von dem die Anklage offenbar große Stücke erwartet, so dass die Befragung des Zeugen heute nicht beendet wurde. Sein Gesicht war unkenntlich gemacht, obgleich er sich selbst zu erkennen gegeben hat und seine Stimme zu hören war. Tanic war ein hoher Funktionär der Partei "Neue Demokratie", als diese in Koalition mit der Sozialistischen Partei Serbiens (SPS) und der Jugoslawischen Vereinigten Linken (JUL) an der Macht war. Zuvor war er mit den Gründern von Oppositionsparteien wie UJDI und Bürgerallianz gelegentlich zusammengetroffen. Wie er selbst erklärte, habe er im Namen seiner Partei einige Verhandlungen mit albanischen Vertretern im Kosovo geführt. Mehr noch, er hat nach seiner eigenen Aussage mit Vertretern des Staatssicherheitsdienstes (die er nicht nennen wollte), aber auch mit den Geheimdiensten Englands, Italiens und Russlands (von denen er bezahlt wurde) zusammengearbeitet. Aufgrund der heutigen Aussage dieses Zeugen darf man getrost behaupten, dass seine Rolle in diesem Verfahren darin besteht, der Anklage zu helfen zu beweisen, dass es angeblich möglich war, eine politische Lösung für Kosovo und Metohia zu finden, und dass der Krieg nicht unvermeidbar war, mit anderen Worten, die NATO-Aggression gegen unser Land zu rechtfertigen.

Angekündigt als der erste "Insider"-Zeuge in diesem Verfahren, konnte er doch kaum als solcher bezeichnet werden, da er ein kleiner Mitspieler und niemals Teil der herrschenden SPS-Riege gewesen ist. Als Mitglied der "Neuen Demokratie", ist seine Rolle in diesem Verfahren leicht verständlich, wenn man die politischen "Überzeugungen" seiner Partei kennt, deren Führer in den letzten 15 Jahren in allen Regierungen an der Macht waren, ob diese nun kommunistisch, sozialistisch oder "demokratisch" waren. Die Partei selbst hat sich nie allein an Wahlen beteiligt, war aber die erste, die den Beitritt Jugoslawiens zur NATO befürwortete. Ihr Führer, Dusan Mihajlovic, dessen "Sonderberater" Herr Tanic war, ist derzeit serbischer Innenminister und einer der Hauptverantwortlichen für die Entführung von Präsident Milosevic und die Erfindung der "Kühlwagen"-Stories.

Übersetzung aus dem Englischen:
Internationales Komitee für die
Verteidigung von Slobodan Milosevic
- Deutsche Sektion -


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